Was ist Botulinumtoxin?


Bei dem Wirkstoff Botulinumtoxin handelt es sich um ein hochwirksames Nervengift (Toxin = griech.: Gift), das von dem Bakterium Clostridium botulinum ausgeschieden wird. Diese Bakterien vermehren sich optimal in einer Umgebung mit wenig Sauerstoff und scheiden dabei ein Toxin aus, das die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln unterbricht. Dadurch kommt es zu einer Lähmung der betroffenen Muskeln.

In der Medizin wird dieser Effekt jedoch positiv genutzt, indem man das Toxin in sehr niedrigen Dosen einsetzt, um übermäßig angespannte oder verkrampfte Muskeln zu entspannen. Diese Therapieform hat sich bei einer Reihe von medizinischen Zuständen als hilfreich erwiesen, darunter bei spastischen Muskelstörungen, bestimmten Arten von chronischen Schmerzen und übermäßigem Schwitzen.

Die Entdeckung des Nervengifts

Das Gift verursachte früher häufig tödlich endende Lebensmittelvergiftungen. Es wurde erstmals im 18. Jahrhundert bei einer Gruppe von Menschen beschrieben, die verdorbene Wurst gegessen hatten (lat.: botulus = Wurst). Den Erreger, der dafür verantwortlich war, entdeckte man erst später und nannte ihn Clostridium botulinum. Die Krankheit wird als Botulismus bezeichnet.

Wie wirkt Botox® gegen starkes Schwitzen?


In der ästhetischen Medizin wird Botulinumtoxin häufig zur Faltenbehandlung angewendet. Doch das Nervengift kann nicht nur das äußere Erscheinungsbild verbessern, sondern auch bei der Therapie bestimmter Erkrankungen hilfreich sein. Bei der Faltenbehandlung wirkt es, indem es die mimischen Muskeln lähmt, die für die Entstehung tiefer Gesichtsfalten verantwortlich sind.

Ein Nebeneffekt der Behandlung ist, dass die Haut in diesem Bereich auffällig warm und trocken wird. Diese Entdeckung führte seinerseits zur Anwendung des Wirkstoffs in der Behandlung von Hyperhidrose, also übermäßigem Schwitzen.

Wie schon erwähnt, ist Botulinumtoxin ein Nervengift, also ein Neurotoxin, das das Nervensystem stört, indem es verhindert, dass Nervenzellen Signale an Muskeln weiterleiten. Dabei bindet sich das Neurotoxin an die Nervenendigungen, welche den Botenstoff Acetylcholin nutzen. Dieser ist unter anderem auch für die Aktivierung der ekkrinen Schweißdrüsen zuständig. Durch die Injektion von Botulinumtoxin wird diese Signalübertragung unterbrochen und es kommt zu einer verminderten Schweißproduktion.

Wie läuft eine Botox®-Behandlung bei Hyperhidrose ab?


Die Behandlung von übermäßigem Schwitzen mit Botulinumtoxin umfasst mehrere Schritte, um die Symptome effektiv zu mildern. Der eigentliche Eingriff dauert nur etwa 30 bis 45 Minuten.1 Nach der Behandlung können Patienten meist ohne größere Einschränkungen zu ihren täglichen Aktivitäten zurückkehren. Das Verfahren besteht aus folgenden Abschnitten:

  • Erstberatung: Zunächst erfolgt eine eingehende Untersuchung durch einen Spezialisten. Hierbei wird die Krankengeschichte des Patienten aufgenommen, der Grad der Hyperhidrose festgestellt und die möglichen Vor- und Nachteile einer Behandlung mit Botulinumtoxin besprochen. An dieser Stelle besteht die Möglichkeit, offenen Fragen beantworten zu lassen und die Erwartungen an die Behandlung abzuklären.
  • Vorbereitung: Vor der Injektion werden die betroffenen Körperregionen gereinigt und desinfiziert, um das Risiko von Infektionen zu minimieren. Je nach Region und Bedarf kann der behandelnde Arzt eine leichte lokale Betäubung auftragen, um die Behandlung für den Patienten angenehmer zu gestalten.
  • Durchführung: Die eigentliche Behandlung besteht aus der Injektion von Botulinumtoxin mittels einer dünnen Nadel in die Schweißdrüsen. Die Menge des Botulinumtoxins und die spezifische Platzierung der Injektionen hängen vom Ausmaß und der Lokalisation der Hyperhidrose ab. Diese Prozedur ist schnell vorüber und verursacht in der Regel nur geringe Unannehmlichkeiten.
  • Nachsorge: Im Anschluss an die Behandlung können die meisten Patienten ihre alltäglichen Aktivitäten unmittelbar fortsetzen. Es wird jedoch empfohlen, in den ersten Tagen nach der Behandlung keine intensiven körperlichen Tätigkeiten auszuüben. Der behandelnde Arzt wird zudem spezifische Pflegeanweisungen geben, um die bestmöglichen Ergebnisse zu sichern und Nebenwirkungen zu vermeiden.
Infografik: Ablauf einer Behandlung mit Botulinumtoxin bei Hyperhidrose

Die Wirksamkeit von Botulinumtoxin beginnt üblicherweise innerhalb der ersten Woche nach der Behandlung und hält zwischen sechs und zwölf Monate an.2 Regelmäßige Folgebehandlungen sind notwendig, um die Symptome dauerhaft unter Kontrolle zu halten.

Dieser methodische Ansatz ermöglicht eine deutliche Reduktion des Schwitzens mit minimalen Störungen des täglichen Lebens der Betroffenen.

Behandelbare Körperstellen: Wo hilft Botox® gegen Schwitzen?


Das Botulinumtoxin wird in Abständen von mehreren Quadratzentimetern in die Haut injiziert. Deshalb gibt es keine Ganzkörperbehandlung. Stattdessen eignet sich die Botulinumtoxin-Therapie vor allem dann, wenn die Schweißausbrüche begrenzt in einem bestimmten Areal auftreten (bei der fokalen Hyperhidrose).

Ein typisches Beispiel dafür ist die Behandlung der Achselhöhlen bei axillärer Hyperhidrose: Anhand eines Jod-Stärke-Tests (macht die betroffenen Bereiche durch eine Farbreaktion sichtbar) wird ein Raster auf die Haut aufgebracht. Dies dient dazu, das Toxin gleichmäßig zu verteilen und alle betroffenen Stellen zu behandeln.

Dabei werden pro Achsel im Durchschnitt 10 bis 20 Einstiche vorgenommen, um alle Bereiche zu erfassen. Die Haut wird vor der Behandlung vereist oder mit einer Salbe betäubt, um die Schmerzen so weit wie möglich zu reduzieren.

Zulassung von Botox® als Hyperhidrose-Therapie

Botox® ist das einzige Botulinumtoxin-Produkt in Deutschland, das offiziell zur Behandlung von starkem und dauerhaftem Schwitzen unter den Achseln zugelassen ist. Ärzte können andere Produkte nur auf eigene Verantwortung (im sogenannten Off-Label-Use) anwenden.3 Die Kosten müssen die Patienten selbst tragen.

Dies gilt ebenso für den Einsatz von Botox® bei anderen Arten von hyperhidrotischen Beschwerden, zum Beispiel an den Händen oder am Kopf.3 Informieren Sie sich daher vorab ausgiebig über die Anwendung außerhalb der zugelassenen Indikation bei Ihrem Arzt.

Infografik: In Deutschland ist nur Botox zur Hyperhidrose-Behandlung nur für die Anwendung im Achselbereich zugelassen.

Bei der Behandlung von Handflächen, Fußsohlen oder am Kopf muss beachtet werden, dass die Nervenenden an diesen Körperstellen enger beieinanderliegen, was die Einstiche schmerzvoller macht. Dadurch sind anästhetische Salben oder Eisspray oft nicht ausreichend, um die Schmerzen zu lindern. In solchen Fällen stellt eine Regionalanästhesie, die tiefer und großflächiger als eine lokale Betäubung wirkt, eine Möglichkeit dar.

Botulinumtoxin kann darüber hinaus auch beim gustatorischen Schwitzen (auch Geschmacksschwitzen oder Frey-Syndrom genannt) angewandt werden. Während herkömmliche Behandlungen bei dieser Art von Hyperhidrose nicht anschlagen, bietet Botulinumtoxin eine vielversprechende Alternative.

Erfolg der Behandlung

Nach einer Behandlung kann es eine Weile dauern, bis der schweißhemmende Effekt einsetzt. Patienten sollten mit einer Zeitspanne von etwa einer Woche bis zu 14 Tagen rechnen, bevor das Schwitzen nachlässt.4

Kosten der Botulinumtoxin-Behandlung


Eine Botulinumtoxin-Therapie mit Präparaten wie Botox®, Dysport® oder Xeomin® kann ziemlich teuer werden. Die Kosten einer Erstbehandlung bei axillärer Hyperhidrose sind je nach Arzt und Wirkstoffmenge unterschiedlich, meist liegen sie zwischen 400 und 1000 Euro.5,6 Einmal angewendet, hält der Effekt je nach verwendetem Präparat und individueller Konstitution ungefähr zwischen 4 und 12 Monaten an.7 Danach kann die Behandlung wiederholt werden.

Infografik: Kosten und Kostenübernahme einer Botulinumtoxin-Therapie bei Hyperhidrose

Die Krankenkassen bezahlen die Therapie höchstens bei schwerer axillärer Hyperhidrose. Grundsätzlich aber müssen vorher alle anderen konservativen Therapiemaßnahmen ausgeschöpft worden sein, bevor vom Arzt eine Behandlung mit Botulinumtoxin in Betracht gezogen wird.

Bereits vor Beginn der Therapie sollte man klären, ob die zuständige Krankenkasse im vorliegenden Fall die Kosten trägt. Wichtig ist dazu vor allem, eine Anfrage zur Kostenübernahme zu stellen. Das erfolgt in der Regel in Absprache mit dem behandelnden Arzt.

Es ist immer eine Einzelfallentscheidung, ob die Kosten von der zuständigen Krankenkasse übernommen werden. Das bedeutet, es gibt keine einheitlichen Richtlinien und es wird von Fall zu Fall entschieden. Zur groben Orientierung gibt es allerdings ein paar Anhaltspunkte und einen ungefähren Richtwert. Auf diese Punkte können Gutachter bei einer objektiven Stellungnahme Bezug nehmen:

  • Sind tatsächlich schon alle anderen konservativen Therapiemaßnahmen ausgeschöpft und konnten bisher keinen nennenswerten Erfolg vorweisen?
  • Beträgt die gemessene und ermittelte Schweißmenge mehr als 50 mg pro Minute? (Achtung: Es handelt sich hierbei um einen Durchschnittswert, der nicht weiter festgelegt ist)
  • Ist der Alltag des Hyperhidrose-Patienten durch die Erkrankung stark beeinträchtigt?

Kontraindikationen und Risiken einer Botulinumtoxin-Behandlung bei Hyperhidrose


Botulinumtoxin darf in einigen Fällen nicht angewendet werden, weil sonst die Gefahr gesundheitlicher Schäden und Komplikationen besteht.

Zu diesen Kontraindikationen gehören:

  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Neurologische Erkrankungen mit gestörter Signalübertragung von den Nerven zu den Muskeln wie z.B. bei Myasthenia gravis oder beim Lambert-Eaton-Syndrom
  • Muskelerkrankungen mit Muskelschwäche (Myopathien)
  • Einnahme bestimmter Medikamente wie Muskelrelaxantien, Aminoglykosid-Antibiotika
  • Allergie gegen die Hilfsstoffe im Präparat (v.a. Albumin)
  • Schwere chronische Atemwegserkrankungen
  • Schwere Schluckstörungen
  • Blutungsneigung, Blutgerinnungsstörungen (hier ist weniger Botulinumtoxin das Problem, sondern die Injektionen, die zu Blutungen führen können)

Grundsätzlich ist die Therapie mit Botulinumtoxin bei sachgemäßer Handhabung unbedenklich, dennoch kann sie Nebenwirkungen nach sich ziehen. Diese können sehr unterschiedlich ausfallen – von kaum merklich bis hin zu äußerst unangenehm.

Botulinumtoxin wird in sieben unterschiedlichen Typen (A bis G) klassifiziert, wobei nicht alle für medizinische Anwendungen beim Menschen geeignet sind. Für die Hyperhidrose-Behandlung wird fast immer Botulinumtoxin A (enthalten in den Präparaten Botox®, Dysport®, Xeomin®, in seltenen Fällen auch B (enthalten im Präparat Neurobloc®) verwendet.

Örtlich begrenzte Komplikationen sind:7

  • Blutergüsse und Druckempfindlichkeit um die Einstichstellen herum
  • Muskelschwäche in unmittelbarer Umgebung der Injektionsstellen, beispielsweise der Hand- und Fingermuskeln bei Behandlung der Handinnenflächen
  • Beschädigung von Nervenenden können zu temporären Lähmungen im behandelten Bereich führen

Die meisten Betroffenen können mit einer leichten Muskelschwäche gut umgehen, zumal sich diese Beeinträchtigung nach längerer Zeit auch wieder zurückbildet. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn der zu Behandelnde seine Hände für anspruchsvolle Arbeiten braucht, wie zum Beispiel Musiker, Zahntechniker, Goldschmiede oder Töpfer.

Allgemeine Nebenwirkungen:

  • Grippesymptome
  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Sehstörungen
  • Mundtrockenheit
  • trockener Hals
  • Schluckstörungen

Häufig gestellte Fragen zu Botulinumtoxin bei Hyperhidrose


Wie wirkt Botox® gegen starkes Schwitzen?

Botox® blockiert die Freisetzung von Acetylcholin, einem Neurotransmitter, der für die Anregung der Schweißdrüsen verantwortlich ist. Durch die Unterbindung dieser Signalübertragung wird die Schweißproduktion in den behandelten Bereichen reduziert.

Wo kann Botox® gegen Schwitzen eingesetzt werden?

Die Behandlung mit Botulinumtoxin wird bei stark ausgeprägter axillärer Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen unter den Achseln) verwendet. Für diesen Zweck ist es in Deutschland auch zugelassen. Als Off-Label-Use kann es aber auch an anderen Körperstellen wie den Handflächen, den Fußsohlen, dem Kopf und der Stirn angewendet werden.

Was kostet die Therapie mit Botulinumtoxin bei Hyperhidrose?

Die Kosten für eine Botox®-Behandlung zur Reduzierung von Hyperhidrose variieren je nach Anzahl der zu behandelnden Bereiche und der verwendeten Wirkstoffmenge. In Deutschland liegen die Preise für eine solche Behandlung in der Regel zwischen 400 und 1000 Euro.6 Es ist wichtig zu beachten, dass die Kosten nur in seltenen Fällen von gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Wie lange hält die Wirkung einer Botox®-Behandlung gegen Schwitzen an?

Nach der Injektion hält die schweißhemmende Wirkung von Botulinumtoxin in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten an.2 Die Dauer kann jedoch je nach individueller Reaktion des Patienten variieren.

Was sind die Nebenwirkungen einer Botox®-Behandlung?

Die häufigsten Nebenwirkungen sind leichte Schmerzen, Schwellungen oder Blutergüsse an den Injektionsstellen. Seltenere Nebenwirkungen können Muskelschwäche in den behandelten Bereichen, Kopfschmerzen, Grippesymptome oder Verdauungsstörungen umfassen.

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Susanne Wolf Schon seit Kindheitstagen sind Schreiben und das Internet wichtige Bestandteile im Leben von Susanne Wolf. So erstellte sie ihren ersten Blog mit zwölf und konzentrierte sich später im Studium vor allem auf digitales Publizieren. Da sie selber jedes Zipperlein erst einmal googelt, weiß sie, wie wichtig gut recherchierte und gleichzeitig verständliche Artikel im Internet sind. Susanne Wolf Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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